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Chemielogistik in anspruchsvollen Zeiten

Chemielogistik in anspruchsvollen Zeiten. Michael Kriegel im Interview.

Die Chemielogistik steht vor den Herausforderungen sich verändernder Supply Chains, der Digitalisierung und den wachsenden Anforderungen an die Nachhaltigkeit. Herausforderungen, die durch die Pandemie beschleunigt wurden und ein stabiles Netzwerk zum kritischen Erfolgsfaktor gemacht haben. Im Interview wirft Michael Kriegel, Department Head DACHSER Chem Logistics einen fachkundigen Blick auf die Ursachen und Folgen der aktuellen weltweiten Lieferkettenprobleme für die chemische Industrie.

Herr Kriegel, wie hat sich die Chemielogistik in den letzten Jahren entwickelt?

Sehr positiv, was das Segment Stückgut, d.h. verpackte und palettierte Ware angeht. Wir können das konkret an stetig wachsenden Sendungszahlen festmachen. 2021 haben wir bei DACHSER rund vier Millionen Sendungen mit chemischen Produkten bewegt. Darunter waren 1,25 Millionen Gefahrgutsendungen.

Diese Entwicklung verläuft im Gleichschritt mit der chemischen Industrie, die ja bekanntlich zu den erfolgreichsten und wettbewerbsfähigsten Industrien überhaupt zählt.

Trotz der positiven Entwicklung haben Störungen in den Lieferketten, Materialknappheit und Kapazitätsengpässe die Chemielogistik in den letzten beiden Jahren stark gefordert.

Stellen Sie fest, dass Chemieunternehmen ihre Supply Chains umstrukturieren? Wenn ja, welchen Einfluss hat dies generell auf das Verhältnis von Verlader zu Logistikpartner?

Die Unternehmen agieren derzeit im Krisenmodus. Ihr ganzer Fokus liegt darauf, Kapazitäten zu bezahlbaren Raten zu beschaffen und gemeinsam mit dem Logistikpartner Lösungen zu finden, um die Lieferketten aufrecht zu erhalten. Mittel- oder langfristig werden die Unternehmen aber eine strukturelle Veränderung ihrer Supply Chains anstoßen. Eine interne Umfrage, die wir im vergangenen Sommer durchgeführt haben, hat gezeigt, dass 70 Prozent der befragten Kunden über eine Regionalisierung der Lieferketten nachdenken.

Generell erkennen wir, dass erste Chemieunternehmen die Fertigung in die Region der größten Absatzmärkte verlagern. Allerdings benötigt das ausreichend Zeit, und ein Ende der Globalisierung ist auch das nicht. Eine komplette Nationalisierung oder Regionalisierung der Lieferkette wäre ebenso suboptimal wie risikoreich.

Entscheidend ist aber nicht rein die Regionalität. Um die Stabilität logistischer Netzwerke und unterbrechungsfreie Supply Chains zu sichern, sind flexibel strukturierte Logistiknetzwerke gefragt. Als Logistikdienstleister müssen wir reagieren, Alternativen aufzeigen und auch eigene Transportkapazitäten, z. B. über Luftfracht-Charter, aufbauen.

Im Jahr 2021 sind an vielen Stellen Lieferengpässe aufgetreten – vielfach durch unterbrochene Lieferketten. Das betraf und betrifft auch Chemikalien. Wie unterstützen Sie im Bereich DACHSER Chem Logistics Ihre Kunden dabei, Lieferketten aufrecht zu erhalten?

Wir agieren in dieser Situation als zuverlässiger Partner und Lösungsanbieter. Entscheidend dafür ist ein robustes und ausbalanciertes Transportnetzwerk, das auch unter den extremen Stressbedingungen der Pandemie jederzeit leistungs- und steuerungsfähig bleibt und entsprechende Transportkapazitäten aktivieren kann.

Interview with: Michael Kriegel

Michael Kriegel ist Department Head DACHSER Chem Logistics

Große Mengen Chemikalien von A nach B zu transportieren, ist ein elementarer Bestandteil des Logistikgeschäfts. Auch hier die Frage nach Ideen und Umsetzungen, DACHSER Transporte nachhaltig/er zu gestalten?

DACHSER investiert dezidiert in die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich und hat bereits einige E-Fahrzeuge im Innenstadtverkehr im Einsatz. Allerdings sind bisher nur wenige emissionsfreie schwere Lkw am Markt verfügbar, die für die Stückgutdistribution von chemischen Gütern im Hauptlauf benötigt werden.

Deshalb ist heute nach wie vor die optimale Auslastung der Transporte der größte Hebel, um die Chemielogistik klimaschonender zu gestalten. Am Ende des Tages ist nichts klimaschädlicher als Leerfahrten.

Weiter stellen wir zum Beispiel unseren Fuhrpark aktuell auf sogenannte Megatrailer um. Diese haben bei gleicher Länge und Breite einen größeren Laderaum und sind somit vor allem auf der Langstrecke (Hauptlauf) wirtschaftlicher und ressourcenschonender als konventionelle Trailer. 

Als Logistikdienstleister bietet DACHSER die Lagerung von Chemikalien an. An die Lager werden dabei spezielle Anforderungen gestellt, die unter anderem auch einen hohen Energiebedarf nach sich ziehen. Wie geht DACHSER in Zeiten, die Nachhaltigkeit zunehmend zur obersten Prämisse erheben, damit um?

Wir haben langjährige Erfahrung im Warehousing, auch in energieintensiven Branchen – und mit unserer internen Bauabteilung die Expertise im Haus, um Erweiterungen und Neubauten energiesparend zu gestalten.

Gleichzeitig setzen wir verschiedene Projekte wie die europaweite Umstellung auf Flurförderzeuge mit energiesparenden Lithium-Ionen-Batterietechnologie oder den Einsatz von energiesparender LED-Beleuchtung um.

Seit 2022 beziehen wir weltweit ausschließlich regenerativ erzeugten Strom und bauen unsere Erzeugung von erneuerbaren Energien deutlich aus. Dazu investieren wir in die Erweiterung und den Neubau von Photovoltaikanlagen auf den Dächern unserer europäischen Logistikanlagen und Bürogebäude.

Und noch ein Blick in die Zukunft: Welche Themen werden für die Chemielogistik in den kommenden Jahren von höchster Bedeutung sein?

Neben den bereits angesprochenen Themen wie die Nachhaltigkeit werden uns auch der Fahrermangel, die Digitalisierung und das Thema Resilienz der Lieferketten und der damit verbundene Netzwerkgedanke maßgeblich beschäftigen. Für viele Unternehmen sind die aktuellen Engpässe ein Weckruf. Sie wollen und müssen sich resilienter aufstellen, um ihre Lieferketten besser gegen potenzielle Gefahren zu wappnen. Höchste Bedeutung werden ebenfalls IT-Security und IT-Resilienz haben, da sichere Daten und deren Austausch die physische Lieferkette am Laufen halten.

 Herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

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